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Bréifdréieschgewerkschaft

Editorial

32. Ausgabe 07/2023

Wahlresultate, zu hohe Arbeitsbelastung und Strategie 2023-2027

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Die Landeswahlen sind vorüber, und dementsprechend rücken andere Themen wie die zukünftige Strategie des Postunternehmens in den kommenden Wochen verstärkt in den Fokus. In Bezug auf diese neue Betriebsstrategie werden die sechs Personalvertreter aus dem Verwaltungsrat dann auch aufmerksam verfolgen, ob verschiedene Aspekte aus ihrem eigens ausgearbeiteten Strategiedokument sich dann in der neuen Unternehmensstrategie des Postunternehmens wiederfinden werden.

Auch für die Briefträgergewerkschaft werden die nächsten Monate zweifellos von Interesse und Arbeitsintensität geprägt sein. Dies bezieht sich insbesondere auf diese künftige Betriebsstrategie, den wichtigen Punkt der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsplatzerhalts, die Verhandlungen über den neuen Kollektivvertrag für die Mitarbeiter im Salariatsstatut, die bevorstehenden Sozialwahlen und natürlich die finale Phase zur Beendigung der Mediation mit bestmöglichen Resultaten, jedoch im Einklang mit den bestehenden Gesetzen. Nicht zu vergessen ist die Umsetzung des 12-Punkte-Abkommens für die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, welches im Juni, nach monatelangen Verhandlungen, zwischen Minister Hansen und der Briefträgergewerkschaft ausgehandelt wurde.

Bleibt dann natürlich noch die Klage der 323 Briefträger, wo im November vom Gewerkschaftsjuristen der BG und im Namen der Kläger, als erste Maßnahme der ganzen Prozedur, die „Demande gracieuse de reclassement“ beim zuständigen Minister eingereicht wurde. Fakt ist jedoch auch, dass seit mehreren Monaten die Situation bei der Briefpost und den Briefträgern dementsprechend ist, dass viele Mitarbeiter sich regelmässig überfordert fühlen. Dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass sie regelmäßig zu Dienstbeginn vor großen Mengen von Werbesendungen und Paketen stehen und dadurch öfters eine ungesunde Stresssituation entstanden ist. In diesem Kalenderjahr kam noch die zusätzliche Herausforderung hinzu, dass sowohl die Kommunalwahlen im Juni als auch die Landeswahlen im Oktober stattfanden. Dies hatte zur Folge, dass die Briefträgerinnen und Briefträger über Wochen hinweg zahlreiche Wahlwerbesendungen aller Parteien verteilen mussten.

Wahlpropaganda und Umweltschutz

Die Situation der Wahlpropaganda aller Parteien muss als äußerst fragwürdig betrachtet werden, da sie zunächst einmal erhebliche finanzielle Ressourcen erfordert, die teilweise aus der Staatskasse stammen. Vor nicht allzu langer Zeit haben unsere Landesvertreter ein neues Umweltgesetz verabschiedet, das bekanntlich zum Ziel hatte, den Gebrauch von Papier zu reduzieren. Rückblickend betrachtet fällt auf, dass wahrscheinlich noch nie so viel Papier für die Propaganda der politischen Kandidaten und ihre teils nicht realisierbaren Wahlversprechen verwendet wurde. Dies wirft Fragen auf und zeigt, wo die wahren Prioritäten der Politiker und Parteien liegen, und wie es tatsächlich um ihre Umweltbedenken bestellt ist.In Zeiten des digitalen Wandels stehen den Parteien und Kandidaten heutzutage alternative Möglichkeiten zur Verfügung, um sich und ihre Wahlversprechen umweltfreundlicher zu präsentieren, was zudem mit Sicherheit dann auch kostengünstiger wäre. Bürger, die sich für die Wahlen interessieren, könnten ohne Probleme auf digitalem Weg die nötigen Informationen erhalten, anstatt in Wahrheit sinnlos Papier zu verschwenden. 

Noch einmal zur Überlastung der Briefträger: In den letzten Monaten kam zu dieser angesprochenen hohen Belastung, in Verbindung mit den Wahlen, noch die steigende Anzahl der Einschreibsendungen hinzu, bei denen immer mehr Bürger mittlerweile den bequemen Weg der Briefwahl wählen. Bei den Landeswahlen im Oktober fragten 70.000 Wahlberechtigte Briefwahlunterlagen an, und dieser Trend zeigt steil nach oben. In den letzten Wochen und Monaten hat die Briefträgergewerkschaft mehrfach aufgrund dieser hohen Belastung bei der Post Courrier-Direktion interveniert, jedoch wurden die Beschwerden kaum ernsthaft berücksichtigt.

Es wurden nur wenige angemessene Maßnahmen ergriffen, um die bekannten Probleme im Voraus zu lösen und dieser ungesunden Situation mit zahlreichen negativen Konsequenzen entgegenzuwirken. Die Situation, die sich aus der hohen Anzahl von zu verteilenden Paketen und Werbesendungen ergibt, sowie die zunehmende Anzahl von Haushalten mit arbeitsbezogenen Konsequenzen und die gleichzeitige problematische Verkehrssituation in den Ballungszentren des Landes, findet jedoch keinerlei Berücksichtigung seitens der Postdirektion. Wenn man das Management auf diese Problematik anspricht, erhält man entweder keine Antwort oder den Eindruck, als ob es von dieser Situation noch nie gehört hätte. 

Entlastung der Briefträger tut Not!

Aus Sicht der Briefträgergewerkschaft und der Briefträger führt diese ungesunde und unbefriedigende Situation jedoch dazu, dass die von der Direktion oft in Frage gestellte hohe Anzahl an Krankmeldungen nicht abnimmt, sondern im Gegenteil eher noch ansteigt. Leider fehlt es dem Management bis dato an Einsicht und der Bereitschaft, diese Situation zu ändern, wenn man sie mit dieser hausgemachten Problematik konfrontiert. Natürlich besteht dann das Risiko, dass diese permanent hohe Stressbelastung die bisher so hoch geschätzte Qualität der Dienstleistungen bei POST, die übrigens noch immer unser stärkstes und wichtigstes Argument im Wettbewerb ist, eventuell zu beeinträchtigen riskiert.

Hoher Stressfaktor!

Dies könnte in Anbetracht der neuen Strategie dann eventuell einem Anfang vom Ende gleichkommen. Diese Situation sollte daher unter allen Umständen vermieden werden. Die katastrophalen Umstrukturierungen von 2011/2012 sollten als mahnendes Beispiel dienen. Aus diesem Grund hat die Briefträgergewerkschaft Mitte Oktober schriftlich beim POST Courrier-Direktor interveniert. Es sollte schnellstmöglich eine Sitzung einberufen werden, um die Situation im Detail zu analysieren und endlich Maßnahmen zur Entlastung der Briefträgerinnen und Briefträger sowie zur Schaffung geordneter Arbeitsbedingungen im Hinblick auf die zukünftige Strategie einzuleiten. In dem in dieser Zeitung Seite 68) abgedruckten Brief wird u.a. auch auf Unregelmäßigkeiten bei den Kontrollen der Briefträgerrundgänge hingewiesen.

Die ständige Entschuldigung oder Erklärung der Direktion, die immer wieder auf den Rückgang von fünf bis acht Prozent bei den Briefen hinweist, kann die BG nicht mehr akzeptieren, da in den letzten Jahren zu viele andere Bereiche parallel erheblich gewachsen sind. Zudem sollte die Postdirektion sich bewusst werden, dass ab einem gewissen Alter und nach vielen Jahren Außendienst bei dem oft regnerischen Wetter in Luxemburg gesundheitliche Probleme auftreten können, welche die ohnehin schon anspruchsvolle Arbeitssituation noch erheblich verschärfen. Bislang gibt es nur wenige angemessene Alternativen, um den betroffenen Personen zu helfen. Angesichts der neuen Strategie wäre es daher an der Zeit, dass Veränderungen und Verbesserungen in Bezug auf den anspruchsvollen Beruf des Briefträgers nun endlich an oberster Stelle stünden. 

Erwartungen an den neuen Postminister

Nach den Wahlen wird POST Luxembourg sich nach vielen Jahren mit Ministern der LSAP nun mit einem neuen Minister in Person von Lex Delles anfreunden müssen, der eben nicht aus der sozialistischen Partei, sondern aus der demokratischen Partei  kommt.

Es bleibt also nun abzuwarten, welche Vorstellungen der neue Minister haben wird, aber man kann davon ausgehen, dass er nicht beabsichtigt, das Rad bei POST völlig neu zu erfinden und dem aktuellen Verwaltungsrat wohl grundsätzlich sein volles Vertrauen schenken wird. Es ist zu hoffen, dass er sich ebenso wie sein Vorgänger Franz Fayot für die Arbeit und die wichtige Rolle von POST im Interesse des Landes, der Bürger und des Aktionärs interessieren wird.

Die Personalvertreter im Verwaltungsrat und die Gewerkschaften hoffen ebenfalls, dass er diesen so wichtigen Kontakt zu allen Beteiligten aufrechterhalten und sogar noch fördern wird. Gleiches gilt für den neuen Minister für den öffentlichen Dienst. Es ist jedoch anzumerken, dass Minister Marc Hansen sicherlich kein einfacher, sondern gelegentlich ein sturer Verhandlungspartner war. Dennoch ist er letztendlich derjenige, der der CGFP, sogar  in Krisenzeiten, verschiedene Zugeständnisse machte, was bei Ministern anderer Parteien als der DP, nicht immer der Fall war. Gleiches gilt für die Briefträger. Minister Marc Hansen wird auf jeden Fall als der Minister in die Geschichte eingehen, der den Briefträgern, nach über 30 Jahren an erfolglosen Forderungen gegenüber verschiedenen Ministern, nun am Ende seiner Amtszeit als Beamtenminister, die verdienten Zugeständnisse hinsichtlich unserer beruflichen Laufbahn gewährte.

All dies sollte nicht vergessen werden, und es bleibt abzuwarten wie die Verhandlungen mit Serge Wilmes, dem nun  in der Verantwortung stehenden Minister für den öffentlichen Dienst, verlaufen werden. Dies wird besonders interessant angesichts der jüngsten Äußerungen von Politikern, dass die Staatskasse nach Jahren der Krisen und staatlichen Hilfspakete offenbar leer ist. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass verschiedene Parteien und deren Politiker die unmöglichsten Wahlversprechen auf ihren doch so umweltfreundlichen Plakaten in dicken Buchstaben schrieben, wo doch gewusst war, dass dafür an sich nur geringe öffentliche Gelder verfügbar wären.  

Die neue Strategie

Bleibt dann noch die Strategie 2023 -2027 bei POST, wo momentan immer mehr Details über die sehr wichtige zukünftige Betriebsstrategie bekannt werden. Bei Post Courrier kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass in naher Zukunft Veränderungen an der Tagesordnung stehen werden. Dies sollte an sich jedem Mitarbeiter aufgrund der aktuellen Lage klar sein. Von welchem Ausmaß diese Änderungen sein werden, wird sich dann demnächst zeigen.  Die Hauptzielsetzung der neuen Strategie bei POST Courrier wird vor allem darin bestehen, effizienter zu arbeiten und die Kosten zu reduzieren.

Dies soll unter anderem durch den Erwerb neuer Verteilermaschinen umgesetzt werden. POST Courrier ist auch zweifellos auf neue, zeitgemäße Soft- und Hardware angewiesen, um die bekannten Defizite auszugleichen. Im Bereich des BTB-Geschäfts, im gesamten Postunternehmen, gibt es mit Sicherheit noch erhebliches Potenzial zur Steigerung des Umsatzes. In Zukunft sollen wegen Kostengründen und Effizienz dann die derzeitigen zehn Verteilerkanäle bei POST Courrier auf lediglich nur noch drei reduziert werden. In diesen drei Kanälen soll dann auch mehr auf die Belange und spezifischen Wünsche der Kunden geachtet werden. Natürlich soll auch die wichtige Digitalisierung einzelner Dienstleistungen schnellstmöglich in die Wege geleitet werden.

Um wettbewerbsfähiger zu werden soll eine neue Logistikhalle mit erweiterten Lagerkapazitäten gebaut werden. Dies bedeutet, dass für die Gewerkschaftsvertreter spannende und wegweisende Wochen anstehen, die zweifellos auch den künftigen Arbeitsalltag der Mitarbeiter beeinflussen werden. Es ist sicherlichauch wichtig zu betonen, dass die Arbeitsplätze bei POST nach wie vor gesichert sind. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation sieht die Situation hinsichtlich der Perspektiven und Arbeitsbedingungen jedoch prinzipiell ganz anders aus.

Solidarität

Aufgrund der gegenwärtigen Situation ist es notwendig, dass diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die bisher hauptsächlich ihre individuellen Anliegen im Blick hatten und wenig Wert auf gewerkschaftliche Solidarität legten, sich künftig solidarisch zu ihren Arbeitskollegen und den Gewerkschaften bekennen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Es steht zu viel auf dem Spiel!

Raymond Juchem

Präsident

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